Joest, S., Riemann, J.: Die Entmythologisierung des Beziehungsbegriffs in der individualpädagogischen Einzelbetreuung

Der Beziehungsorientierung innerhalb einer individualpädagogischen Maßnahme mit den zumeist traumatisierten und von großem Misstrauen gegenüber erwachsenen Personen geprägten Kindern und Jugendlichen wird ein fast schon mythologisch anmutender Wirkungsfaktor zugesprochen. In der pädagogischen und psychologischen Fachliteratur ist die Rede von einer professionellen Beziehung[1], die der Pädagoge in Form einer selbstreflexiven und zeitlich begrenzten Arbeitsform mit seinen Klienten eingeht. Baierl bezeichnet sie als eine „Geschäftsbeziehung mit allen damit verbundenen Freiheiten und Grenzen“, „für die der Pädagoge bezahlt wird, und die er privat im Regelfall auf diese Art und Weise nicht eingehen würde.“[2] Weiter verweist er darauf, dass eine „persönliche Komponente“ nicht schade, jedoch „die Balance zwischen persönlicher und professioneller Beteiligung zu halten“ sei.[3]

Was aber macht eine hilfreiche Betreuungsbeziehung aus Sicht der betreuten Jugendlichen und ihrer Eltern aus? Ist es möglicherweise genau diese „persönliche Komponente“, die nachgesucht und für Entwicklungs- und Veränderungsprozesse nutzbar gemacht wird? Und was bedeutet das wiederum für die am Helfersystem Beteiligten?

Diese Fragen sollen im vorliegenden Beitrag anhand erster Ergebnisse einer selbstevaluativ angelegten qualitativen Langzeitstudie zu Fallverläufen und -ergebnissen individual-sozialpädagogischer Maßnahmen einer Betrachtung unterzogen werden.

 

Der Träger Jugendhilfe phöinix e.V.

Jugendhilfe phöinix e.V. führt seit 16 Jahren individual-sozialpädagogische Maßnahmen im In- und Ausland durch. Bis Juni 2012 befanden sich insgesamt ca. 300 Mädchen und Jungen in einer ambulanten oder stationären Betreuung des Trägers bzw. absolvierten eine Clearingphase. Diese Jugendlichen bringen traumatische biografische Erfahrungen mit und blicken zumeist auf eine mehrjährige Karriere in Jugendhilfe und Psychiatrie zurück. Die am Hilfeprozess Beteiligten fühlen sich dem übergreifenden Ziel verpflichtet, die Jugendlichen in einem individuell ausgerichteten Setting dazu zu befähigen, ein durch sie selbst und die Gesellschaft akzeptiertes autonomes Leben zu führen. Das bedeutet insbesondere, die Jugendlichen dabei zu unterstützen, Erfahrungen mit alternativen Handlungsmöglichkeiten und –konzepten zu machen, diese als lohnenswert zu begreifen und in ihr Handlungsrepertoire zu integrieren.

 

Die Datenbasis

Anliegen der Evaluation ist es zum einen, aus den Wahrnehmungen und Deutungen der Beteiligten Rückschlüsse über die Angemessenheit des beruflichen Handelns der am Hilfesystem Beteiligten zu erhalten und diese in Lernprozesse des Unternehmens einfließen zu lassen. Zum anderen möchte sich der Träger mit den gewonnenen Einblicken und Erkenntnissen am fachlichen Diskurs zu Fragen der Qualität und der Wirkfaktoren von individual-sozialpädagogischen Einzelmaßnahmen beteiligen.

Dem hohen Individualisierungsgrad der angebotenen Hilfen entsprechend entstehen in einem absichtlich offen gehaltenen, diskursiv und reflexiv angelegten Untersuchungsprozess insgesamt sieben Fallstudien. Diese basieren auf einem Methodenmix aus Aktenanalysen, leitfadengestützten Interviews mit den Fallbeteiligten sowie Gruppendiskussionen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Trägers. Die untersuchten Fälle repräsentieren ambulante sowie stationäre In- und Auslandsmaßnahmen und unterschiedliche Eintrittsalter der Jugendlichen (3 Mädchen und 4 Jungen im Alter von 11 bis 19 Jahren). Das Ende der Hilfen bei jugendhilfephöinix lag zum Interviewzeitpunkt mit den Jugendlichen mindestens drei Jahre zurück.

 

„Heil und Fluch“ der pädagogischen Beziehungsgestaltung

Klaus Fröhlich-Gildhoff beschreibt in einer Studie über Einzelbetreuungen in der Jugendhilfe die Grundhaltung des Betreuers und eine Reihe von zentralen Handlungselementen als wichtige Merkmale einer Betreuungsbeziehung. Die Grundhaltung ist durch die Variablen Akzeptanz, Vertrauen, Einfühlsamkeit, Aushalten/Dranbleiben und Echtheit/Klarheit gekennzeichnet; die Handlungselemente sind konkrete Hilfen/Unterstützung, Da-Sein und Erreichbarkeit, Fordern und Konfrontieren, Grenzen setzen, Ermutigung und Zutrauen sowie Spaß.[4]

Willy Klawe bezeichnet „die Persönlichkeit des Betreuers, seine sozialen Kompetenzen, seine Haltung und seine soziale Einbindung vor Ort“ als wichtigste Faktoren „für einen gelingenden Verlauf und Erfolg des Betreuungsprozesses.“[5]

Martin Baierl hebt die Professionalität der Beziehung heraus. Zwar benennt er den Persönlichkeitsfaktor, der einer gelingenden Beziehungsarbeit nicht schadet. Jedoch sieht er bei den Pädagogen die große Gefahr der Verstrickung, wenn sie die Grenze zwischen persönlicher und professioneller Ebene nicht mehr trennscharf ziehen können.[6]

Können sämtliche Variablen durch die Pädagogen gelebt und umgesetzt werden und wird gleichzeitig die der Professionalität geschuldeten Reflexionsfähigkeit berücksichtigt, kann die Beziehungsgestaltung zu dem Klienten mit Sicherheit zielführend und damit auch „heil“bringend sein.

Gleichzeitig lastet aber auch ein „Fluch“ über dem Beziehungsbegriff. Während die Handlungselemente, die eine Beziehung ausmachen, sicherlich noch erlernbar sind, bleibt die zugegebenermaßen etwas provokante Frage nach der Möglichkeit des Erlernens dieser speziellen Begabung und Haltung, die es dem Pädagogen ermöglicht, mitfühlend, angemessen, wohlwollend, echt und die Gefühle und Ausbrüche des Gegenübers annehmend, zu reagieren. Im direkten Kontakt zeichnet sich diese Haltung durch das mitfühlende Annehmen der Affekte der Klienten und ein authentisches und menschliches Reagieren darauf aus. Ist diese Grundhaltung im Pädagogen nicht verinnerlicht, schwächt dies den Mythos als den Wirkungsfaktor Beziehung schlechthin ab.

Die befragten Jugendlichen und ihre Eltern nehmen in den Interviews vielfältigen Bezug auf hilfreiche Aspekte der Grundhaltung ihrer Betreuer/innen

„… zu ihr aber trotz aller … Differenzen, die wir hatten, … ‘n intensives, … ja, Verhältnis zu ihr aufgebaut hab‘,… gefühlsmäßig…“ (Christian über seine Beziehung zur Betreuerin)

„…und sie für mich deswegen, glaub ich, von diesem ganzen Portugalthema die wichtigste Person ist, weil ich … das Gefühl habe, dass sie diejenige ist, die, die mich noch mal eins drüber beschützt…“ (Lena über ihre Betreuerin).

„…und .. und dass auch einer wirklich hundertprozentig an ihn glaubt, und … in ihm alles bestärkt, und ja, das war für den Marvin wichtig.“ (Mutter von Marvin über den Betreuer ihres Sohnes)

„Ich weiß noch, [lacht] ich weiß noch, dass ich lang nicht beim Zahnarzt war […] und dann hab ich wirklich diese Vollnarkose bekommen und da war J. dabei, dann war sie Mutterersatz, kann man ja so sagen, die ist mit mir da hin, ich hatte Todesangst. […] ich bin da hin und die hat mir halt die Hand gehalten und ich … wurd‘ da operiert und war fertig, dann hat die mich nach Hause gefahren und für mich püriert, Sachen püriert und das war halt ‘ne Mutter […] Aber das ist halt, wie gesagt, J. war bei den ganzen schweren, wichtigen, krassen, guten, schlechten Entscheidungen und Sachen war J. dabei, so, und ja, da war das .. der Mutterersatz kann man nicht sagen, aber wie gesagt, sie hat, das war mir schon wichtig oder das weiß ich auch sehr zu schätzen, kann man sagen, dass ich da nicht alleine war, sonst wär ich allein dort gewesen.“ (Lara über ihre Betreuerin J.)

 

Die Grundhaltung am Beispiel von Aushalten/Dranbleiben

In den Wahrnehmungen und Deutungen nahezu sämtlicher Hilfebeteiligter wird dem Aushalten und Dranbleiben in der Betreuungsbeziehung eine herausragende Bedeutung zugeschrieben. Immer dann, wenn die Betreuungspersonen auch dann an der Betreuung festhielten, wenn das Ausmaß an aggressiven Ausbrüchen und negativen Handlungsweisen der Jugendlichen kaum zu ertragen war, scheint das Aushalten und Dranbleiben maßgeblich mitverantwortlich für das Gelingen eines Neustrukturierungsprozesses bei den Jugendlichen zu sein.

„Und was hat der den Herrn M. manchmal beschimpft, also das hab ich ja auch mitbekommen, was hat der den beschimpft und mit Ausdrücken um sich rumgeschmissen und trotzdem. Er ist aber immer wiedergekommen und war immer wieder da und wusste auch genau, eigentlich ist Herr M. für ihn da…“ (Koordinatorin über André)

„Man hat den André einfach so genommen wie er ist und das gar nicht mehr so sehr in Frage gestellt.“ (Fallführende Mitarbeiterin des Jugendamtes von André)

„…also, es waren … eher so diese ganzen menschlichen Sachen, die … da zum Tragen gekommen sind, ne, dass man … ihm auch zeigt, dass man ihn aushalten kann … Das war auch, denk ich, also das war auch die Fragestellung ganz häufig, denk ich, ne, so wie viel hältst du aus? … Und … ich denke, dass ich da schon viel aushalten konnte und … ausgehalten habe, … das war, denk ich, sein Glück auch …“ (Betreuerin von Christian)

„Also die … haben dann auch gesagt, ja, jetzt probier’s halt noch mal und, keine Ahnung, also sie haben auch viel Chancen gegeben, genauso wie Stefan, und ja, aber ich hab halt irgendwie strikt dagegen gearbeitet.“ (Sebastian über seine Betreuungszeit in Schweden)

„…dass ich gelernt hab, dass es …, dass es Leute gibt, die zwei Jahre am Stück immer das einhalten oder immer das eingehalten haben, was sie gesagt haben…“ (Lena).

Der folgende Interview-Auszug thematisiert zugleich die Grenzen von Aushalten und Dableiben in der pädagogischen Arbeit:

„Also der (der Betreuer – Anm. d. Verfasser) hat sich da wahnsinnig für ihn eingesetzt in, in allen Bereichen, in allen Belangen und das war, glaub ich schon, für Sebastian ne ganz gute Erfahrung, obwohl er das auch immer wieder boykottiert hat. Also das weiß ich schon auch, also es war ihm sicherlich auch vielleicht manchmal zu viel so, dass da jemand ist, der sich so für ihn einsetzt, um ihn kümmert. Vielleicht konnte er das auch gar nicht so gut ertragen, aber er wurde da immer und immer wieder aufgefangen, also bei allem, was er da für‘n Mist gebaut hat.“ (Koordinatorin von Sebastian)

 

Der Pädagoge als Mama/Papa, Freund und Kumpel – ein Angriff auf die Professionalität?

„Was tut denn schon ein Erzieher? Ein bisschen liebhaben und zuhören, das kann doch jeder.“ Mit solchen und ähnlichen Kommentaren werden die Sozialpädagogen und Erzieher zuweilen konfrontiert.

Es ist tatsächlich oft nicht leicht, die Bedeutung der Betreuungsbeziehung in einer individualpädagogischen Maßnahme von der einer Eltern-Kind-Beziehung oder einer freundschaftlichen Verbindung abzugrenzen. Mutter, Vater, Freunde … stehen in der Wahrnehmung von Kindern und Jugendlichen unter anderem für Mitgefühl, Geborgenheit, Orientierung, Versorgung, Schutz, Vertrauen und Verlässlichkeit – alles Attribute, die für eine erfolgversprechende Betreuungsbeziehung unerlässlich sind. Insbesondere in individualpädagogischen Maßnahmen, die zu Teilen in der privaten Lebenswelt der Betreuenden stattfinden, gestalten sich die Grenzen zwischen der Vater-/Mutter-/Kumpel- und Betreuerrolle daher fließend.

Damit bewegen sich die Pädagogen in der Ausgestaltung ihrer Beziehung zu den Jugendlichen in einem ständigen Spagat zwischen Mama/Papa/Kumpel-Rolle und Profession.

Pollak spricht in diesem Zusammenhang von einem widersprüchlichen Doppelcharakter der Beziehung zwischen Betreuern und zu Betreuenden und unterscheidet einen spezifischen und einen diffusen Beziehungsanteil. Der spezifische Teil wird im formalisierten beruflichen Rollenhandeln gespiegelt, welches auf einem theoriegeleiteten Expertenwissen basiert. Hingegen fußt der  diffuse Beziehungsanteil eher auf einer extrem belastbaren affektiven Bindung sowie persönlicher Vertrauensbildung und Vertrauenssicherung, die nicht an standardisierte Kriterien gebunden ist und eher der Struktur von primären Sozialbeziehungen wie Eltern oder Freunden entspricht.[7]

Lena, eine der befragten Jugendlichen, formuliert ihre widersprüchlichen Wahrnehmungen und Gefühle aufgrund dieses Doppelcharakters der Beziehung zu ihrer Betreuerin so:

„…und insofern war das für mich ganz eng, das Verhältnis, aber … das so schwierig ist, weil es oft so ne Gradwanderung ist […] (D)u bist nur die Jugendliche und du weißt, sie machen’s, weil sie Geld dafür kriegen und du weißt, dass du … das, was du dir alles erhoffst, dass du da, naja, dass du da für immer bleiben kannst und [lacht verhalten], all diese Sachen und so, du weißt, dass das nur deine Wunschvorstellungen sind, und wirst wachgerüttelt…“ (Lena)

Ein wesentlicher Befund der Evaluation bei jugendhilfephöinix e. V. besteht nun darin, dass fünf der befragten Jugendlichen die Mama/Papa- oder Kumpel-Rolle ihrer Betreuer und Betreuerinnen als hilfreich in der Beziehungsgestaltung einschätzen.

„Ja, ich hab ihn als Freund angesehen, als großen Freund. … Ja, der hat auch manchmal auch andere Freunde mitgenommen für manche Ausflüge … also wirklich, der war wie ein großer Freund zu einem.“ (Marvin)

„…es ist ja jetzt nicht ‘ne Person, die da jetzt kommt, hallo ich bin vom Jugendamt. Es ist so ‘ne Person, die auf einmal zur Familie gehört. Also so haben wir das empfunden, ne.“ (Mutter von Marvin)

„…würde ich sagen, habe ich mich in Italien gefangen, das … lag einfach daran, …, die Betreuung durch den F. B., der halt mein persönlicher Betreuer da war, und … auch Projektchef, … wir sind heute auch noch befreundet, wir ha’m gestern miteinander telefoniert, … der hatte …, der Einfluss, den der F. auf mich hatte, … war groß, … der hat im Grunde, ja, einerseits … ja, muss man sagen … schon ‘ne fast väterliche Figur für mich eigentlich.“ (Christian)

„Ja, sie war ’ne richtige Freundin, und dann konnte ich mich auch öffnen und … vor allem hat sie mich immer ernst genommen, egal was ich gesagt hab, sie hat mich immer ernst genommen…“ (Katja)

„[…] das kann man mit Freundschaft einfach abdecken, die ganze Sache. Und wie eine Freundschaft halt aus Scheiße raushilft, so hat sie mir … in mein … geregelteres Leben geholfen.“ (Lara)

„[…] und die Frau O. war so eine, die … hat so fast wie eine Rolle „Mutter“ gespielt, so fast. Also die hat mich mit nach Hause genommen, und … die hat auch ein paar Sachen, die hat sehr viel unterstützt so auch wie der Herr M., aber das war eine Frau, das war irgendwie so ein bisschen anders als wie bei Herrn M. …“ (André)

 

Zusammenfassung

Die Evaluation macht deutlich, dass eine hilfreiche Betreuungsbeziehung durchaus mehr ist als die sogenannte professionelle Beziehung. Die Persönlichkeit des Betreuers verbunden mit einem weit über den professionellen Beziehungsbegriff hinausgehenden zeitlichen Engagement, die übergroße Belastbarkeit und eine Portion Idealismus scheinen maßgeblich für die wirkungsvolle pädagogische Beziehung zu sein.

Die Problematik dahinter darf allerdings nicht verschwiegen werden. Es ist eine Gratwanderung, in der sich die Pädagogen bewegen. Um es mit Baierls Worten auszudrücken: „Gerade bei einer intensiven und engen Beziehung ist es notwendig für den Pädagogen, von den Jugendlichen und den Beziehungen zu ihnen unabhängig zu bleiben, um die pädagogische Handlungsfähigkeit zu erhalten. Allzu leicht wird man sonst in das System des Jugendlichen eingebunden und wird zu einem Teil des Problems, statt seinen Teil zur Lösung beitragen zu können.“[8]

Deutlich wird, dass es zwingend notwendig ist, die Pädagogen intensiv supervisorisch zu begleiten, um mit ihnen die Haltung und die damit eng verbundene Affektregulierung der Klienten zu reflektieren. Es bedeutet ein hohes Maß an Herausforderung, sich nicht in den Affekten des Jugendlichen zu verlieren. Von daher sind der ständige Blick und die Begleitung von außen unabdingbar. Dies unterscheidet dann auch grundsätzlich die Erzieherrolle von der Rolle einer Mutter oder eines Freundes.

 

Ausblick

Weisen die bisherigen Daten der Evaluation vieles auf, was auf die Qualität der Beziehung in individual- / intensivpädagogischen Jugendhilfe-Settings und ihre Bedeutung für die weitere Entwicklung der Jugendlichen schließen lässt, so gibt es Hinweise darauf, dass des „Pudels Kern“ möglicherweise nicht nur im (oftmals destruktiven) Bindungsverhalten der Jugendlichen zu suchen ist. Entscheidend, wenn auch nicht ausschließlich, für eine gelingende Betreuungsbeziehung könnte das passende Bindungsverhalten der Betreuer und Betreuerinnen sein. Das „matching“ von Personen mit kompatiblem Bindungsverhalten könnte die bedeutsame Rolle für den Erfolg von Jugendhilfemaßnahmen bekommen.

Wenn Bindungsverhalten als die Aktivierung des Bindungssystems in Situationen von Angst, Stress (Konflikten), Krankheit verstanden wird[9], sind u. U. die kleinen und größeren Konflikte oder Krisen im Laufe einer Betreuung genau die Stresssituationen oder magischen Momente, die eine Betreuung zum Erfolg oder zum Abbruch führen. Somit wäre zukünftig ein differenzierter Blick auf das Bindungsverhalten von Betreuten und Betreuerinnen ebenso wichtig wie die Diagnose von Jugendlichen zu Beginn einer Maßnahme.

 

Autorenangaben:

Jenne Riemann; Jugendhilfe Phöinix e.V.; Ltg. Büro Hamburg; Individualpädagogik mit Schwerpunkt Bindungstheorie

Steffi Jöst; Vorstand Jugendhilfe phöinix e.V.

 

Literaturverzeichnis

Baierl, M. (2010): Herausforderung Alltag. Göttingen

Bowlby, J. (1991): Ethologisches Licht auf psychoanalytische Probleme, in: Grossmann, Klaus E. / Grossmann, Karin (Hrsg.) (2011): Bindung und menschliche Entwicklung: John Bowlby, Mary Ainsworth und die Grundlagen der Bindungstheorie; 3. Aufl. Stuttgart. S. 55-69

Fröhlich-Gildhoff, K. (2003): Einzelbetreuung in der Jugendhilfe. Schriftenreihe der Evangelischen Fachhochschule. Freiburg

Grossmann, Klaus E. / Grossmann, Karin (Hrsg.) (2011): Bindung und menschliche Entwicklung: John Bowlby, Mary Ainsworth und die Grundlagen der Bindungstheorie; 3. Aufl. Stuttgart

Klawe, W. (2010): Verläufe und Wirkfaktoren Individualpädagogischer Maßnahmen. Eine explorativ-rekonstruktive Studie. Köln


[1] Fröhlich-Gildhoff 2003: 42ff.

[2] Baierl 2010: 65

[3] ebenda: 65f.

[4] Fröhlich-Gildhoff 2003: 328

[5] Klawe 2010: 17

[6] Baierl 2010: 65 ff.

[7] Pollak 2002: in Klawe 2010: 339f.

[8] Baierl 2003: 66

[9] John Bowlby1991 in: Grossmann/Grossmann 2011: 59ff.