Moritz, F.: „Da müsste es ganz andere Anreize für eine sinnvolle Gestaltung geben“

Ein Interview mit Marion Thurley und Gerd Ortmann, Jugendamt Neukölln

Gesprächspartner

Marion Thurley (MT)

Seit 1979 im Jugendamt Neukölln, Sozialarbeiterin im RSD und verschiedene Leitungsfunktionen.

Seit 2008 Leitung Fachsteuerung im Jugendamt, das umfasst neben HzE, auch Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Kitas, Pflegekinderbereich, Jugendberufshilfe, therapeutische Hilfen. Es geht bei dieser Aufgabe um die Steuerung der Angebote und um einheitliche Standards in den einzelnen Regionen.

Gerd Ortmann (GO)

Seit 1975 im Jugendamt Neukölln

1975 – 1994 Spezialfürsorge Heimpflege, zuständig für stationäre Unterbringungen

1994 – 2004 Leiter des Kinderheimes Girlitzweg

seit 2004 diverse Funktionen innerhalb des Jugendamtes

seit 2009 Leiter des Fachcontrollings und der Haushaltsabteilung.

 

Wenn wir einmal 20 Jahre zurückblicken zu den Anfängen des KJHG, was hat sich entscheidend verbessert – was ist vielleicht auch verlorengegangen?

MT: Ganz neu ist das Hilfeplanverfahren gewesen, also die Beteiligten zusammen mit den Professionellen an einen Tisch zu holen, Ziele zu besprechen und auch die Hilfe regelmäßig zu überprüfen. Das war anfangs ungewohnt, im Sinne von Transparenz, Beteiligung und Zielüberprüfung aber sehr notwendig.

Wenn vorher Kinder in einem Heim untergebracht wurden, wurde eine Dauerkostenübernahme ausgesprochen, die Träger haben dann im Jahresrhythmus einen Bericht geschrieben, den hat man mit den Eltern besprochen, vielleicht auch noch gefragt, was sie davon halten. Und das war es dann. Die regelmäßige Überprüfung sehe ich als großen Fortschritt.

Verändert hat sich auch die viel stärkere Zusammenarbeit mit freien Trägern. Früher haben wir ja die Betreuung der Familien allein durchgeführt, ambulante Hilfen gab es erst im Laufe der achtziger Jahre. Dadurch hat die Tätigkeit im RSD sich sehr verändert – nicht immer zur Freude aller Beteiligten, weil doch der verwaltungsmäßige Anteil der Arbeit sehr zugenommen und der sozialpädagogische sehr abgenommen hat.

Wäre es denn heute vorstellbar, noch einmal so wie damals zu arbeiten – es gab ja schon moderne Ansätze und Projekte, die Heimkampagne lag gut 20 Jahre zurück.

MT: Die Häufigkeit des Kontaktes zu den Familien, wie sie heute stattfindet, und die Intensität der Beratung könnte der RSD gar nicht allein leisten, auch nicht in der Qualität, die wir uns wünschen.

Aber der direkte Kontakt zu den Familien hat nachgelassen, und das bedauern viele von uns sehr, dass sie sich auch nicht selbst überzeugen können von Fortschritten und Entwicklungen, sondern man mehr über das Berichtswesen und gelegentliche Hilfekonferenzen informiert wird. In der Summe würden wir das aber nicht schaffen vom Personal her.

Heißt das im Umkehrschluss, dass die Personalausstattung früher besser war?

MT: Also, es waren mehr Sozialarbeiter in den sozialpädagogischen Diensten als heute tätig, aber so viel mehr dann eigentlich auch wieder nicht. Insofern ist die Betreuung doch sehr viel intensiver geworden, auch die Angebotsvielfalt – wenn man an die therapeutischen Hilfen denkt.

GO: Es gab ja vor 20 Jahren noch die 20er oder 15er-Gruppen, die Ballung von schwierigen jungen Menschen in großen Einrichtungen war ja noch gang und gäbe, da haben sich doch die Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten des Jugendamtes entscheidend verbessert und qualifiziert.

Die familienanalogen Gruppen, WABs und Erziehungswohngruppen mit innewohnenden Erziehern, das gab es in Berlin ja vor ´89 so gut wie nicht, sondern nur auf dem Land. Die Heimlandschaft in Berlin war damals im stationären Bereich verkrustet– moderne pädagogische Ansätze fanden auf dem flachen Land statt.

Wie ist denn die Situation jetzt gerade im Jugendamt Neukölln?

MT: Wir haben sehr mit Sparanstrengungen und -vorgaben zu kämpfen, wir müssen uns sehr anstrengen, unsere Kostenrahmen einzuhalten, damit wir hier nicht auf Kosten anderer Abteilungen (des Bezirks) wirtschaften. Da sind Einschnitte zum Teil notwendig, wir gucken auf jeden Einzelfall kritisch: ist eine stationäre Unterbringung tatsächlich notwendig oder reicht eine ambulante Unterstützung der Familie? Gibt es vorgelagerte sozialräumliche Angebote, auf die wir verweisen können? Das machen wir seit zwei/drei Jahren sehr intensiv.

GO: Die Berliner Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) ist hier insofern wirksam geworden, dass die Finanzzuweisungen von SenFin an die Bezirke hierüber geregelt werden. Es kommt im Bezirk nur das an, was über die KLR erwirtschaftet wird. Seitdem haben wir insofern große Probleme, als die Verteilungsspielräume innerhalb des Bezirksamtes geringer geworden sind. So können Gelder für Hilfen zur Erziehung, die sich nicht über die KLR refinanzieren, vom Bezirk nicht mehr so bezuschusst werden, wie das in früheren Jahren der Fall war.

Dadurch kommen wir in eine Klemme zwischen individuellem Rechtsanspruch und vorhandenen Mitteln, wo wir sehr scharf darauf achten müssen, dass dem Gesetz genüge getan wird und wir trotzdem unseren Kostenrahmen nicht überschreiten. Wird der Rahmen nicht eingehalten, müssen wir aus den anderen Mitteln des Jugendamtes ausgleichen, und da ist nicht viel zum Ausgleichen.

Neukölln hat 2011 im Vergleich zu 2010 die HzE – Ausgaben um 4% gesteigert und liegt damit im Mittelfeld der Bezirke, im Vergleich zum Haushaltsansatz belegt Neukölln den vorletzten Rang – waren die Vorgaben für Neukölln härter als für andere Bezirke?

GO: Die Vorgaben waren nicht härter, aber es wird nur das in den Haushalt für die HzE eingestellt, was über die KLR auch erwirtschaftet wurde – und da haben wir uns erst in den letzten Jahren dem Berliner Median angenähert und sind jetzt auch besser ausfinanziert als noch vor zwei oder drei Jahren – da war die Lücke zwischen Soll und Ist noch größer.

MT: Die KLR muss beachtet werden, sonst kommen wir hier überhaupt nicht mit unseren Geldern aus. Und trotzdem versuchen wir umzusteuern, indem wir stark auf die Regeleinrichtungen verweisen wie z.B. Kitas, Ganztagsbetrieb in Schulen, Schulsozialarbeit und präventive Einrichtungen im Bezirk.

OT: Das Problem bei der KLR ist ja, dass sie eigentlich kontraproduktiv wirkt, in dem Sinne, dass je mehr Mengen produziert werden zu einem Preis, der im Medianwert liegt, desto mehr kriegt der Bezirk refinanziert. Eigentlich müsste es umgekehrt sein: Je weniger Mengen der Bezirk produziert, gerade bei teuren Hilfen, desto mehr müsste der Bezirk eigentlich bekommen. Und die Abhängigkeit von dieser Struktur, gerade auch hinsichtlich der Personalausstattung – wo Neukölln am unteren Ende rangiert – macht deutlich, das eigentlich andere Verteilungsmechanismen für die Jugendhilfe geschaffen werden müssten. Aber diese Diskussion wird schon seit sechs und mehr Jahren in der Stadt geführt, ohne dass man zu einem anderen Ergebnis gekommen ist.

Aber das heißt, dass kurze intensive Hilfen schlecht wegkommen.

OT: Die kommen schlecht weg, ja. Es ist auch konträr zu dem Anspruch: Die geeignete Hilfe zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Intensität. Also wenn man eine kurze, teure Hilfe installiert, die auch wirksam ist, hat man nach der KLR eine Hilfe produziert, die nicht refinanziert ist. Man müsste so eine teure Hilfe also immer ausgleichen mit einer billigen Hilfe…

MT:  … und das ist ein Spagat, der nicht immer gelingt. Das ist im Rahmen unserer pädagogischen Kriterien auch nicht möglich. Da muss dann die Entscheidung doch immer anhand des Bedarfes im Einzelfall getroffen werden. Und das beißt sich dann teilweise.

…es sein denn, man gibt die billige Hilfe in dem gleichen Fall noch dazu.

MT: Ja, aber das sind so theoretische Überlegungen, die vielleicht im Controlling, aber nicht im Einzelfall eine Rolle spielen.

Aus Trägersicht kommt es immer wieder zu regelrechten Sparwellen: nach Phasen kontinuierlicher Nachfrage gibt es dann regelrechte Belegungseinbrüche – auch bei mehreren Trägern gleichzeitig – aber eine Systematik ist dabei nicht erkennbar.

GO: In den letzten drei Jahren stehen wir unter erheblichem Spardruck, es gab unterschiedliche Wellen, seit der Bezirk nicht mehr die Möglichkeit hat, die Ausgaben zu bezuschussen. Diese Einsparungen werden aber von Träger zu Träger und Angebot zu Angebot sehr unterschiedlich und sehr subjektiv erlebt.

MT: In den einzelnen Regionen, die ja inzwischen einen guten Überblick über ihre Ausgaben haben, kann es natürlich sein, dass man feststellt, dass die Ausgaben wieder ansteigen. Und dass dann die Leitungen die Devise ausgeben, dass wieder mehr auf die Kosten geachtet wird.

Unser Hauptziel ist ja eigentlich, von stationären Hilfen, die auch oft nicht die erhofften Ergebnisse erzielen und sehr teuer sind, auf ambulante Hilfen umzusteuern, d.h. umsteuern auf familienaktivierende Hilfen im Umfeld der Familien.

GO: Wenn man kurzfristig sparen will, kann man natürlich bei ambulanten Hilfen schneller sparen, und das ist das, was Träger erleben, wenn ganz kurzfristig gespart werden muss, während man bei den stationären Hilfen ja erst mittelfristig sparen kann. Ist eine kurzfristige Umsteuerung notwendig, wird immer genau der Teil getroffen, den wir eigentlich ausbauen wollen – nämlich der ambulante Teil.

Absolut ist es natürlich viel sinnvoller, eine ambulante Hilfe zu bewilligen als eine stationäre, insofern wirkt die gesamte KLR kontraproduktiv zur Hilfeplanung, letztendlich aber auch kontraproduktiv zu wirklichen Einsparungen, die man nur durch Umsteuerung von stationär zu ambulant wirklich erzielen kann.

Das ist ja eine schöne Denksportaufgabe für die Strategen in den Ämtern und bei den freien Trägern.

MT: Das ist nicht lösbar, da wird sich der Senat über kurz oder lang ein anderes System einfallen lassen müssen, da müsste es ganz andere Anreize für eine sinnvolle Gestaltung geben.

GO: …das ist eine Denksportaufgabe für die Senatsverwaltung. Die KLR macht ja Sinn, aber sie als Budgetierungsgrundlage zu nehmen, konterkariert dann alle Bemühungen des SGB VIII.

Die KollegInnen im RSD arbeiten ja zwischen Kinderschutz und Ressourcenorientierung, zwischen Hilfeansprüchen und Finanznot. Werden diese enormen Belastungen adäquat aufgefangen durch entsprechende Maßnahmen?

MT: Ja, die Mitarbeiter sind schon sehr stark belastet hier, stellen wir immer wieder fest und wird auch über die Leitungen an uns herangetragen, wir merken´s auch in Belastungsspitzen, wenn Arbeiten liegenbleiben oder Fachstandards nicht eingehalten werden, auf die wir eigentlich Wert legen, z.B. in der Dokumentation.

Es muss in jedem Fall einzeln abgewogen werden, was hat Priorität, ist es der Kinderschutzfall (natürlich der), oder ist es der Berg auf meinem Schreibtisch, der stetig wächst. Da eine Balance zu finden, ist schwer. Ich bin auch ganz froh darüber, dass wir es geschafft haben, noch einen Schwung neuer Kollegen einzustellen und auch einen Wissenstransfer herzustellen, bevor hier die große Pensionierungswelle einsetzt. Denn die Berufserfahrung der älteren Kollegen ist immens wichtig für so einen Arbeitsbereich, und die Balance zwischen jungen motivierten Kollegen und den älteren mit ihrem Erfahrungsschatz, die nicht gleich in Hektik verfallen bei einer Meldung, sondern erst mal in Ruhe gucken, ist uns in fast allen Teams gelungen. Das ist besser als noch vor fünf oder sechs Jahren.

GO: Auch die transparente Diskussion über das Zusammenwirken von präventiven Maßnahmen in Form von Leistungsverträgen an besonderen sozialen Brennpunkten oder zu besonderen Problemlagen im Verhältnis zu den HzE führt dazu, dass die sehr sehr hohe Belastung ein kleines bisschen besser ertragen werden kann. Das Bewusstsein, dass die präventiven Angebote, die wir ja auch selber mit aufgebaut haben, kaputt gehen würden, wenn die HzE-Ausgaben weiter steigen, ist doch weitgehend vorhanden. Das ist auch eine der Hauptdiskussionen, die wir jetzt unter diesem fiskalischen Druck führen müssen.

MT: Es gehört noch dazu, dass die Mitarbeiter hier eine hohe Anerkennung und Wertschätzung ihrer Arbeit erfahren, das hilft auch, die Belastung besser zu ertragen. Es gibt auch einzelne, die das nicht gut aushalten und auch ausfallen, krank werden – ja, das gibt es auch.

Sie bekommen Supervision angeboten, das wird auch überwiegend in Anspruch genommen, Fallsupervision oder auch Teamsupervision ist regelmäßig drin.

GO: In besonders drastischen Fällen, also bei traumatisierenden Erlebnissen, dann ist auch eine Einzelsupervision möglich, dies in kleinerem Umfang. Darüber hinaus gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Fürstenberg-Institut…

MT:  …das ist nicht nur für die Mitarbeiter des Jugendamtes da, sondern für alle Mitarbeiter im Bezirksamt, die sich in psychischen oder gesundheitlichen Belastungssituationen befinden, dort können sie ein Coaching in Anspruch nehmen.

Ist eine Beteiligung an WIMES geplant oder in Aussicht?

MT: Wir sind zunächst nicht beteiligt, in der nächsten Woche werden ja auf Landesebene die Zwischenergebnisse ausgewertet. Das werden wir uns zunächst sehr kritisch ansehen, zumal wir ja eigene Instrumente zur Evaluation der Hilfen haben. WIMES wäre eine weitere Belastung für unsere Mitarbeiter, und das sehen wir daher sehr kritisch. Da müsste dieses Programm schon sehr erfolgreich wirken, dass man das hier auch noch einführen würde.

GO: Es ist ja eines der Hauptprobleme, dass es in dieser Stadt keine einheitliche Bearbeitungsstruktur gibt für die RSDs. Aber die Dokumentationsanforderungen an die Kollegen zur eigenen Absicherung, aber auch zur Erzeugung statistischer Zahlen, steigen ständig, ohne dass die Systeme, in die diese Daten eingegeben werden, miteinander koordiniert sind. Das heißt, jede neue Statistik, jede neue Evaluation bedeutet mehr Arbeit, weil alle Daten doppelt und dreifach in die Systeme eingegeben werden müssen, und teilweise existieren gar keine Systeme, sondern müssen auf Papier bearbeitet werden.

Wir warten seit Jahren dringlich auf ein Berlineinheitliches Erfassungs- und Evaluationssystem. Im Prinzip wäre das für Berlin absolut notwendig, um nach außen Erfolge oder Nicht-Erfolge dokumentieren zu können, um entscheiden zu können, wo muss verstärkt werden etc.

Aber WIMES können wir den Kollegen nicht auch noch zumuten, das wäre einfach zu viel zusätzliche Arbeit.

Kann man sagen, dass es ein mühseliges Unterfangen ist, neuen Logiken z.B. im ressourcenorientierten und familienaktivierenden Arbeiten zum Durchbruch zu verhelfen?

MT: Das befürworten wir hier im Jugendamt sehr mit der Aktivierung, z.B. der Familienrat ist ein toller Ansatz dafür. Das wird auch von einem Teil der Kollegen positiv gesehen und sehr gerne angenommen. Denn es ist ja in meinen Augen kein Netzwerk so wirksam wie das der eigenen Familie oder Freundschaft. Das steht auch im Krisenfall zur Verfügung, wenn kein Professioneller vor Ort ist.

Noch sind die aktivierenden Hilfen von der Menge her eher bescheiden vertreten, da würde ich mir mehr wünschen. Es gibt aber leider doch sehr viele Fälle mit derart desolaten Verhältnissen, da fällt uns nicht viel anderes ein als die Kinder herauszunehmen: suchtkranke, psychisch kranke Eltern, Verwahrlosung, Misshandlung u.s.w., da hat dann der Kinderschutz Vorrang, erst im zweiten Schritt können wir dann vielleicht schauen, wen es da noch im Umfeld gibt, der da einspringen könnte.

GO: Wir dürfen nicht vergessen, dass die HzE ja reaktiv tätig ist. Armut und Bildungsferne spielen hier eine große Rolle, und wir dürfen der Illusion nicht unterliegen, mit einer Verfeinerung der Instrumente der Sozialarbeit und durch Aktivierung der Ressourcen der Familien, dass wir dadurch die materielle Situation der Familien verbessern könnten. Armut und Bildungsferne kann man mit Hilfe der HzE nur in den extremen Auswüchsen bearbeiten, aber die soziale Situation ist mit Mitteln des Jugendamtes nicht nachhaltig zu verändern. Da ist vielleicht ein Ausbau der Kitas und der Ganztagsangebote an Schulen der erfolgreichere Weg.

MT: Ich denke in die gleiche Richtung, die Regelversorgung müsste viel stärker ausgebaut werden, inklusive Müttertreffpunkten oder Jugendtreffs. Jedem einen Einzelfallhelfer nach Hause zu schicken, produziert einen großen Verwaltungsaufwand und hat nicht die Synergieeffekte wie Gruppenangebote oder offene Angebote, die man nutzen kann ohne große formale bürokratische Hürden.

GO: Wir haben aber relativ wenig Möglichkeiten, Familienarbeit unabhängig von individuellen Ansprüchen zu gestalten, da sind die Mittel sehr begrenzt, und im Bereich der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit werden die selbst gesteckten gesetzlichen Ziele nach AG KJHG bei weitem nicht erreicht: 10 % der Mittel der Jugendhilfe sollten danach in den Bereich der Jugendarbeit nach §11 fließen, wir liegen ca. bei der Hälfte.

MT: Das wäre die eigentliche Umsteuerung, und da will auch unser neuer Stadtrat hin, sein Hauptziel ist die Realisierung einer Präventionskette in Neukölln, angelehnt an das Modell der Stadt Dormagen, auch wenn die eine ganz andere Sozialstruktur als Neukölln hat. Der Schwerpunkt Prävention –und damit trifft er auch die Einschätzung vieler Mitarbeiter hier im Jugendamt – wäre eine gute Umsteuerungsmaßnahme. Von den dafür notwendigen finanziellen Mitteln ist aber bisher noch nichts in Sicht.

Zum Schluss noch die Wunderfrage: Morgen wäre ein wesentlicher Schritt erreicht, was wäre das?

MT: Dass wir mehr präventive Angebote hier im Bezirk hätten – und ca. 30 Mitarbeiter mehr. Dann könnten wir auch viele Beratungen und Unterstützungen wieder selber durchführen und bei den HzE einiges einsparen.

GO: Ja, ich möchte das ergänzen um ein Berlineinheitliches Bearbeitungssystem, das die Dokumentation und Statistikarbeit auf das notwendige Minimum reduziert.

MT: Ja, mit diesen drei erfüllten Wünschen wären wir super dran.

Vielen Dank für dieses Gespräch