Cwik, D.: Zusammenarbeit mit den Jugendämtern – Erfahrungen, Wünsche und Haltungen aus Sicht eines freien Trägers

Wie begreifen wir eine gelungene Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe?

Die Jugendämter sind für uns freier Träger wichtige Partner, um gemeinsam mit den betroffenen Kindern, Jugendlichen und deren Familien erfolgreiche Hilfeverläufe zu gestalten.

Wir arbeiten als Einrichtung insbesondere eng mit den Jugendämtern Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte zusammen, unterhalten jedoch ebenso Kontakte zu den Jugendämtern Treptow-Köpenick, Neukölln, Pankow und einigen Brandenburger Jugendämtern. Bei dieser Vielzahl von unterschiedlichen Behörden steht und fällt eine gute Zusammenarbeit mit unserer Grundhaltung zu den Jugendämtern, als auch mit dem persönlichen Kontakt der beteiligten Fachkräfte.

Wir verstehen die Mitarbeiter der Jugendämter als Kooperationspartner im einzelnen Fallverlauf, die im Netzwerk >Familie – Jugendamt – Kinderhaus – Kita/ Schule – Ärzte – Vereine – Projekte im Lebensumfeld< eine wesentliche Rolle in der Entwicklung der Familie haben spielen.

Hier geht es um das gleichberechtigte Teilhaben an den Entwicklungsprozessen der Familien in der Jugendhilfe.

Wir begreifen die Jugendämter jedoch ebenso als bedeutsames Gegenüber in der Entwicklung und Überarbeitung von Arbeitsabläufen und Gestaltung individueller, passgenauer Hilfen. Gemeinsame Fachtagungen, Arbeitstreffen als auch die Zusammenarbeit in den regionalen Fallteams und Arbeitsgruppen sind hilfreich, um sozialräumliche Gegebenheiten, aktuelle politische Entwicklungen und Hilfebedarfe bei den Familien gemeinsam zu diskutieren und geeignete Hilfesettings zu entwickeln.

Hier schätzen wir den fachlichen Austausch mit den Mitarbeitern der Jugendämter, der unseren beiden Institutionen neue Erkenntnisse ermöglicht, Perspektivwechsel und Visionen schafft  und zum Voneinander-Lernen anregt.

In den letzten Jahren hat sich die Arbeit mit den Familien entscheidend weiter entwickelt. In den Hilfeverläufen geht es vorrangig um Unterstützungssysteme, die das weitere Zusammenleben der Familien ermöglichen sollen. Wir im Kinderhaus setzen verstärkt auf Projekte, welche die Familie in ihrer Gesamtheit in den Blick nehmen und ggf. auch komplett in die stationäre Hilfe integrieren (Familienintegrative Projekte, Krisenprojekte mit familienintegrativen Anteilen).

Ebenso in der Regelheimerziehung, wie den Schichtdienstgruppen oder unseren WAB- Gruppen (6 Kinder und Jugendliche mit wechselnd innewohnendem Erzieherteam), arbeiten wir stärker mit den Familien zusammen.

Die Eltern sollen aktiv am Leben ihrer Kinder teilhaben, wir entlassen sie nicht aus der Verantwortung und erarbeiten gemeinsam Veränderungen, die es ggf. ermöglichen doch wieder als Familie zusammenzuleben.

Um hier Transparenz zu schaffen, Mitwirkung und Beteiligung zu gewährleisten ist es bedeutsam, die Jugendämter als Partner in unserer Arbeit zu begreifen und von Beginn an fortlaufend in die Entwicklungs- und Veränderungsprozesse der Familien, während des Hilfeverlaufs einzubeziehen.

Hier geht es zum Einen um die Sicherung des Informationsflusses untereinander,  erfordert zum Anderen jedoch darüber hinaus die Bereitschaft auf beiden Seiten, die Hilfeplanung den familiären Entwicklungen flexibel anzupassen, dabei ebenso Willen und Entscheidungen der Kinder und Jugendlichen und deren Familien zu achten.

Wir sehen eine solche Haltung als unabdingbar an, um erfolgreiche Hilfeverläufe zu gestalten.

Zunehmend machen wir die Erfahrung, dass eine gute und schnelle Erreichbarkeit per Telefon oder E-Mail, die Möglichkeit zu Helferrunden im Sinne von kollegialer Beratung im Fallverlauf, eine Orientierung der Hilfeplanung an den sich verändernden Bedarfen der Familien begünstigt. Wir haben aber ebenso die Erfahrungen gesammelt, dass wenn die Rahmenbedingungen für einen stetigen Informationsaustausch mit dem Jugendamt sich nicht zeitnah herstellen lassen, behindert dies eine passgenaue Hilfeplanung und erzeugt oftmals bei den Familien eher Widerstände und das Gefühl nicht Gehört zu werden.

Trotz aller guten Haltungen ist die Realität auch geprägt von den unterschiedlichen strukturellen und politischen Rahmenbedingungen der verschiedenen Institutionen und den damit einhergehenden stetigen Veränderungen.

Die Methode der Sozialpädagogischen Familiendiagnose erweist sich hier für uns als grundlegend geeignet, solche Hilfeplanprozesse unter Berücksichtigung der „Selbstsichten“ der Familien in trialogischer Form zu gestalten. Wir haben diese Methode gemeinsam mit den uns flankierenden Jugendämtern erlernt, erprobt und weiterentwickelt. Entscheidend in dem zweijährigen Forschungsprojekt zur Evaluation der Sozialpädagogischen Familiendiagnosen, um unter anderem die Wirkungen im Hilfeprozess zu erfassen, war die Zusammenarbeit und Mitwirkung der entsprechenden Jugendämter. Die dortigen fallzuständigen Fachkräfte meldeten uns zurück, dass sie im Zuge dieser Methode nun Familien erlebten, die mittels Flipcharts ihre Sicht auf die Problemlagen präsentieren und eigene Handlungsvorschläge in die Hilfeplanung einbringen konnten.

Wir erleben solche dialogischen Prozesse als notwendig, um Familien in der beschriebenen Weise zu unterstützen.

Uns geht es um den gleichberechtigten Austausch unserer Sicht auf die Familien, um ein Interesse an den Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen.

Dies erfordert auf beiden Seiten einen grundlegenden Respekt vor der Wahrnehmung, den Interessen und Möglichkeiten des Anderen, um eine vertrauensvolle und gelingende Zusammenarbeit zu schaffen.

Frau Cwik ist Sozialpädagogin im Kinderhaus Berlin- Mark Brandenburg e.V.